Giebel der Lateranbasilika, Rom. Foto Anna Klein

Keine Ewigkeitsgarantie

Eine der sonntäglichen Frühmessen in der Lateranbasilika, der Kathedrale des Papstes als Bischof von Rom: Mit vollendet einstudierter Geste zeigt der Priester vom Wuchs eines antiken Senatorenstandbildes den gut zwanzig Gottesdienstbesuchern zunächst die konsekrierte Hostie, wenig später den Kelch. Das Timing sitzt bis auf die Zehntelsekunde. Langsam erhebt der Zelebrant die Hostie, darauf streckt er sie ebenso urplötzlich wie kraftvoll-entschlossen in Richtung Gemeinde. Dies unter stetem Aufblick zum Himmel. Zeigung und Elevation währen exakt so lange, wie die Gläubigen dem Ereignis ihre volle Aufmerksamkeit zuwenden können. Keine Frage, die Geste macht Effekt. Gottesdienst ist eben auch heiliges Spiel. Choreographie gehört dazu. Nicht anders in Roms heidnischen Zeiten. In Thornton Wilders Roman „Die Iden des März“ besteht Julius Caesar auf peinlich genauer Einhaltung kompliziertester Kultvorschriften. Choreographische Präzision fordert Roms Diktator und zugleich oberster Priester von seinem Klerus, weil das Volk nur durch genaueste Einhaltung der Bewegungsabläufe zu beeindrucken und gewinnen sei. Caesars religionspolitische Erlasse und Überlegungen entspringen dem religiösen Impetus Wilders. Historisch verbürgt ist hingegen das tatsächlich Abgezirkelte und Verwickelte römischer Kultübungen. Der Friedensaltar des Augustus zeigt die exakt sich bewegende und geordnete Opferprozession der kaiserlichen Familie. Anders als sein Oheim Caesar verzieh Augustus in kultischen Angelegenheiten wahrhaftig keine Nachlässigkeit.

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