Reisevignetten aus der Mark Brandenburg

Schleusenidyll Brandenburg Plaue
Schleusenidyll

Plaue – Schleuse, Schloss und Gartenstadt

Richtung Genthin findet sich eingebettet in die havelländische Fluss-, Seen- und Kanallandschaft die im Ursprung 1745 fertiggestellte Schleuse für den heutigen Woltersdorfer Altkanal, in Zeiten ihrer Erbauung als „Plauer Kanal“ Teil einer friedrizianischen Infrastrukturprojekts, das die Havelseen im Raum Brandenburg mit der Elbe verband und so den Weg nach Magdeburg um 150 km verkürzte. Das Oberwasser der Plauer Schleuse weist in Richtung Elbe. 1823 wurde das Schleusenbecken massiv ausgemauert, 1886 kam ein zweites hinzu. Seine 67 Meter Länge und 8,60 Meter Breite wurden als „Plauer Maß“ Standard für die preußischen Schifffahrtswege. Das mindestens barockisierende Schleusenwärterhaus setzt einen weiteren Akzent für ein Panorama, das ein Landschaftsmaler oder Kupferstecher des 18. Jahrhunderts nicht gefälliger hätte treffen können. Die Schleuse verlor ihre Funktion für die Frachtschifffahrt, seit in den 1920er Jahren der Elbe-Havel Kanal gegraben worden war.

Plaue selbst, 1411 mit Stadtrechten privilegiert, aber schon in DDR-Zeiten zu einem Ortsteil von Brandenburg an der Havel herabgestuft, zieht sich adrett, aber sonst nicht weiter auffällig an der Straße nach eben dort entlang

Am Orteingang zeigt die Pfarrkirche ihre abwechslungsreiche Baugeschichte von der Spätromanik bis zum Ausgang der Renaissance in dennoch stimmigem Gesamtbild vor. Nur der Mitte 18. Jahrhunderts für die Schlossherren als Kirchenpatrone errichtete Gruft- und Logenanbau fügt sich nicht in diesen Rahmen. Der klassizistische Campanille stammt aus dem Jahr 1844.

Dort, wo die Havel den Plauer See verlässt, liegt auf dem Terrain einer untergegangenen Burg des berüchtigten Raubrittergeschlechts des Quitzow Schloss Plaue. Noch im traurigen Zustand, in dem sie sich gegenwärtig befindet, zeigt sich der architektonische Rang der barocken Anlage aus dem Jahr 1714. Dreiflügelig überbietet sie die in der Mark üblichen einzeln stehenden Herrenhäuser durch die Orientierung an Residenzschlössern. Damals erlebte Plaue mit der den Produkten Böttgers nacheifernden Steinzeugmanufaktur des Schlosserbauers Friedrich v. Görne eine kurze wirtschaftliche Blüte. Die beabsichtigte Herstellung von Porzellan scheiterte. Bald nach 1860 wurde das Schloss neobarock überformt, hundert Jahre später unter zahlreichen architektonischen Vereinfachungen für eine Dolmetscherschule des DDR-Außenministeriums baulich instandgesetzt. Neobarocke ebenso wie die Scheußlichkeiten aus realsozialistischen Zeiten trüben die Optik empfindlich.

Schloss Plaue, Innenhof
Schloss Plaue, Innenhof

Der sich an den Bau anschließende um die Mitte des 19. Jahrhunderts angelegte Englische Park kann ein wenig dafür entschädigen. Zwar lässt sich der einstige Pleasureground vor einem der Seitenflügel nurmehr ahnen, aber die auf und zwischen Hügeln positionierten Baumgruppen verraten landschaftsgärtnerischen Durchblick. Der im Park um 1900 angelegte Tontaubenschießstand, vielleicht der früheste überhaupt, bietet eine reizvolle Aussichtsplattform, deren Brüstung von den monumentalen Skulpturen eines Bären und eines Markhor (Schraubenziege) flankiert werden, Erinnerungen an die Jagdreise eines der Schlossherren aus der Familie Königsmarck in den Himalaya. Die Tontauben werden aus einem in die Mitte der Mauerbrüstung eingebauten Raum abgeschossen.

Schloss Plaue, DDR-Charme am Seitenflügel
Schloss Plaue, DDR-Charme am Seitenflügel

Vom Park aus ließen die Schlossbesitzer einen direkten Zugang zum Kirchhof anlegen. Zu seiner rechten und linken auf hohen Sockeln zwei monumentale kniende Engel. Die 1835 von A. Möller geschaffenen Bildwerke verströmen etlichen klassizistischen Reiz.

Schlosspark, klassizistischer Engel
Schlosspark, klassizistischer Engel

Einen halben Kilometer nördlich des historischen Ortskerns ließ die preußische Regierung für die Arbeiter der Königlichen Pulverfabrik im benachbarten Kirchmösern zwischen 1915 und 1918 eine Werkssiedlung anlegen. Das Projekt gedieh seiner Kriegswichtigkeit halber. Architekt Paul Schmitthenner war bereits 1914 mit der Gartenstadt Staaken in Spandau hervorgetreten. In Plaue geben sich die eingeschossigen, traufständigen Reihenhäuschen mit ihren Fledermausgauben als von jedem Kriegsgräuel weit entferntes friedliches Idyll. Wohl von Anbeginn war selbst für die bis heute bewirtschaftete Eckkneipe gesorgt.