Rembrandt als Dramatiker (Fortsetzung)
- Kaminski
- Februar 24, 2020 / 29. Schwat 5780
- Kunst & Architektur
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Komödie
Von allein versteht sich die Einbeziehung des dem Wallraf-Richartz-Museum
hauseigenen späten, um 1663 entstandenen, Selbstportraits in die Kölner
Rembrandt-Ausstellung. Gänzlich verschieden vom geradezu majestätischen Habitus
des Prager Gelehrtenbildnisses kommt der übermütige Blick des Malers auf die
eigene Person daher. Wie aus zufällig aufgetragenen breiten Pinselstrichen
setzt sich das pastose beinahe reliefierte Selbstbildnis zusammen oder – auch
den umgekehrten Prozess anzunehmen ist legitim – löst sich ins bloß
Akzidentielle auf. Organisation und Entropie bestimmen die Geschicke des Kosmos
wie des Menschen. So nicht minder Rembrandts Dasein. Gerard de Lairesse, erst
Freund und später Kunstfeind Rembrandts, hatte aus seiner klassizistisch-französischen
Sicht schon nicht Unrecht, wenn er die Malweise als >Kleckserei<
qualifizierte.
Gemeinsam ist dem Prager Gelehrtenbild wie dem späten
Selbstbildnis immerhin die Eigenschaft als Rollenportrait. Rembrandt fungierte
für letzteres als sein eigenes Tronie (Studienkopf). Nach jüngerer Auffassung
stellt der Maler sich sechs Jahre vor seinem Tod als sein antiker Vorgänger
Zeuxis dar. Rembrandt schlüpfe mithin in die Rolle eines der prominentesten
Künstlerkollegen aller Zeiten, der im Griechenland der bereits weit gereiften
Klassik um 400 v. Chr. zu Werk ging . Eine Anekdote über Zeuxis möchte wissen,
er habe sich beim Anblick einer hässlichen alten Vettel, die von ihm habe
abkonterfeit werden wollen, des maßlos eitlen Ansinnens halber zu Tode gelacht.
Rembrandts Schüler Arent de Gelder hat dies auf einem Bild im Frankfurter
Städel auch so dargestellt. Für die Deutung von Rembrandts Selbstbildnis
beweist das aber zu wenig. Schülerarbeiten
geben sich häufig eben dadurch zu erkennen, dass sie des Meisters Vorbild entweder
mehr als notwendig vereindeutigen oder allzu gesucht uminterpretieren.
Für mich ist daher die im Lauf der Zeit ein wenig aus dem
Blickfeld geratene Benennung des Kölner Selbstbildnisses als Demokrit nicht vom
Tisch. Der Vorsokratiker lehrte das Weltenchaos allein durch Humor erträglich,
firmiert entsprechend unter
>lachender Philosoph<. Der ganze
Habitus des Kölner Selbstbildnisses führt eher zu Demokrit denn Zeuxis. Zwar
nicht vom künstlerischen Rang, immerhin aber in Haltung und Mimik vergleichbar
ist ein eindeutig als Demokrit identifiziertes Gemälde des nachmaligen
Direktors der Pariser Königlichen Akademie der Künste und Hofmalers Antoine
Coypel aus dem Jahr 1692 im Louvre. Coypel war nach Italien und am
französischen Akademismus orientiert. Kaum anzunehmen, dass der Franzose Rembrandts spätes Selbstbildnis
kannte.
Wie immer dem sei, Rembrandt gibt gegen Ende seines Lebens
den Erzkomödianten auf jenem Theater,
für das die Menschen des Barock die Welt ansahen. Vermeintlich überholt von Kunsttendenzen, denen nun auch die meisten
seiner Schüler frönten und zudem Pleitier, konterfeit er sich auf dem Kölner Bild dennoch als Ausweis menschlicher
Autonomie und Souveränität. Nicht der alltägliche Zwang setzt des Lebens finale
Pointe, sie bleibt dem Künstler und Philosophen in Komödiantengestalt
vorbehalten.
Der Schluss meiner Überlegungen folgt in einem der nächsten
Beiträge.
Noch einmal der Link zur Ausstellung: