Münchner Olympiastadion. Bis zum PLO-Anschlag Ort der Weltoffenheit und Lebensfreude. Foto: ttimi27

Das Land der Deutschen suchen

Der Entwurf für das Programm der Christlich Demokratischen Union verrenkt sich bis zur peinlichen Groteske, wenn es gilt, Position gegenüber jenen Angehörigen des Islam zu beziehen, denen sich nach eigenem Bekunden der Pfahl der freiheitlichen Gesellschaft ins religiöse Befinden bohrt. Das Geschraubte gleichermaßen der verworfenen und der von der Programmkommission approbierten Formulierung leitet sich aus dem hinter ihr lauernden und vom Parteivorsitzenden favorisierten Begriff der „deutschen Leitkultur“ ab. Der Terminus ist fatal. Parteipolitisch instrumentalisiert, taugt er zu wenig mehr als zur Giftspritze. Seine des Deutschen entkleidete Herkunft aus der Politologie freilich ist untadelig. Vor einem Vierteljahrhundert brachte ihn Bassam Tibi in die Debatte ein. Tibi versteht unter „Leitkultur“ einen europäischen common sense auf Basis von Menschenrechten, Demokratie, Aufklärung, Zivilgesellschaft und Laizismus. Während sich Mitwohnende durchaus auf die von Tibi postulierten Grundsätze verpflichten lassen müssen, wenn sie sich einem von Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit grundierten Gemeinwesen zugesellen möchten, stimmt die Forderung, eine „deutsche Leitkultur“ zu bekennen, misstrauisch. Unweigerlich liefe solche Konfession auf einen Katechismus des Deutschtums hinaus. Gleich, ob auf einen großen oder kleinen, in jedem Fall einen ähnlich verzichtbaren wie die weltanschaulichen Prüfungen, denen einst den Dienst mit der Waffe Ablehnende unterzogen wurden. Deutschsein lässt sich nicht examinieren, nur leben. Ob Menschen europäischer oder überseeischer Herkunft, von der Erde oder einem Exoplaneten darauf sinnen, an Deutschland mitzuwirken, bleibt sich gleich. Willkommen ihnen allen. 

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Schwerelose Gotik. Kathedrale Saint-Etienne.

Lothringischer Finanzplatz

Auf einer Anhöhe über der Mosel ragt die Saint Etienne (dem hl. Stephan also) geweihte überaus elegante gotische Kathedrale. Das Äußere der Metzer Bischofskirche gibt sich grazil. Ihr Strebewerk scheint sich vornehm in den Gesamtkörper des Gebäudes zurückzunehmen. Seit der späten römischen Kaiserzeit standen an dieser Stelle christliche Gotteshäuser.

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Der Mondgott Chons mit den Gesichtszügen des jugendlichen Tutanchamun

Der wahre Fluch des Pharaos

Mag sein, die Zukunft liegt in Ausstellungen wie dieser: immersivem Sensationsheischen, virtuellen Welten aus dem Videospiel, darauf zielend, die Leute zu beschwatzen, sie fänden sich in vergangenen Zeiten und Kulturen wieder. Erklärung und Verstehen gelten wenig, Emotionen beinahe alles. So in den Hamburger Gaußhöfen, wo die Show gastiert.

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Saubermenschen. Anatomische Modelle

Deutsches Hygiene Museum, Dresden

  • Februar 22, 2024 / 13. Adar I 5784
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Gestiftet vom Produzenten eines populären Mundwassers, bewahrt der 1930 der Öffentlichkeit übergebene Monumentalbau den Geist einer Merkmale biologischer Überlegenheit heroisierenden Zeit sowie jenen des vorgeblich real existierenden Sozialismus. Weniger die einzelnen Exponate stehen im Geruch als ihre Ansammlung und Kontextualisierung. Der „Gläsernen Frau“ von 1935 will historisch betrachtet sein. Wer hingegen auf Veranschaulichung gegenwärtiger Erkenntnisse zur Biologie des Menschen hofft, wird weitgehend enttäuscht. Der dem Gehirn und Denken gewidmete Saal etwa ist dürftig bestückt. Weshalb dennoch hingehen? Die Museumsgastronomie ist ordentlich.

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Trier, Hauptmarkt

Kneipe als Kindergarten

Der reisende Kritiker findet nicht immer Gelegenheit zum Abendessen vor der Aufführung. Zwar ist ein unter gewöhnlichen Umständen zureichendes Zeitfenster eingeplant, oft aber durchkreuzt die Deutsche Bahn die Rechnung. Es bleibt in solchem Fall nur kurze Frist, um sich im Hotel frisch zu machen und ins Theater zu eilen.

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Giebel der Lateranbasilika, Rom. Foto Anna Klein

Keine Ewigkeitsgarantie

Eine der sonntäglichen Frühmessen in der Lateranbasilika, der Kathedrale des Papstes als Bischof von Rom: Mit vollendet einstudierter Geste zeigt der Priester vom Wuchs eines antiken Senatorenstandbildes den gut zwanzig Gottesdienstbesuchern zunächst die konsekrierte Hostie, wenig später den Kelch. Das Timing sitzt bis auf die Zehntelsekunde. Langsam erhebt der Zelebrant die Hostie, darauf streckt er sie ebenso urplötzlich wie kraftvoll-entschlossen in Richtung Gemeinde. Dies unter stetem Aufblick zum Himmel. Zeigung und Elevation währen exakt so lange, wie die Gläubigen dem Ereignis ihre volle Aufmerksamkeit zuwenden können. Keine Frage, die Geste macht Effekt. Gottesdienst ist eben auch heiliges Spiel. Choreographie gehört dazu. Nicht anders in Roms heidnischen Zeiten. In Thornton Wilders Roman „Die Iden des März“ besteht Julius Caesar auf peinlich genauer Einhaltung kompliziertester Kultvorschriften. Choreographische Präzision fordert Roms Diktator und zugleich oberster Priester von seinem Klerus, weil das Volk nur durch genaueste Einhaltung der Bewegungsabläufe zu beeindrucken und gewinnen sei. Caesars religionspolitische Erlasse und Überlegungen entspringen dem religiösen Impetus Wilders. Historisch verbürgt ist hingegen das tatsächlich Abgezirkelte und Verwickelte römischer Kultübungen. Der Friedensaltar des Augustus zeigt die exakt sich bewegende und geordnete Opferprozession der kaiserlichen Familie. Anders als sein Oheim Caesar verzieh Augustus in kultischen Angelegenheiten wahrhaftig keine Nachlässigkeit.

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Israel auf unserer Seite, wir auf Seiten Israel

Israel auf unserer Seite, wir auf Seiten Israels

Ab und an lassen sich für den reisenden Kritiker nächtliche Zwischenaufenthalte in Bahnhofshallen nicht vermeiden. Solange der Laptop funktioniert und ein Kaffee zur Hand ist, Berufsroutine. Bei solcher Gelegenheit hörte ich an, wie eine blondbezopfte Frau fortgeschritten-mittleren Alters sich gegenüber einem offenbar vor der häuslichen Einsamkeit in den Bahnhof geflohenen Mann in ihr gleichen Jahren über den Anschlag der Hamas vom Vortag ausließ. Im Dirndlkostüm kam die Blondbezopfte von einem der vielen über die gesamte Republik verstreuten Satelliten-Oktoberfeste und wartete auf den Anschlusszug. Froh, dass jemand das Wort an ihn richtete, stimmte der kontaktarme Zuhörer ihr mindestens halb und halb zu. Die Pseudobajuwarin (nach eigenem Bekunden eine waschechte Nordwestdeutsche) billigte das Morden der Hamas als Widerstandsakt eines unterdrückten Volkes. Sicher grauenhaft, aber nun sei das Fass der Repressionen durch Israel übergelaufen. Die Israelis dürften sich daher nicht wundern. Mir verschlug’s die Sprache. Losen Mundes rechtfertigte die Blondbezopfte die Machenschaften einer Mörderbande. Vernachlässigenswert schienen ihr die über 1400 Massakrierten. Die 239 Geiseln in beständiger Todesangst. Einige von ihnen arglos Feiernde wie die mit der Untat sympathisierende Nordwestdeutsche. Bedrückten Gemüts fragte ich mich nach der Ursache solcher Parteiname für Schlächter.

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Lippisches Landesmuseum Detmold, stimmiges Ensemble aus Bauten unterschiedlicher Epochen und einstiger Funktionen

LIPPISCHES LANDES­MUSEUM DETMOLD

  • September 1, 2023 / 15. Elul 5783
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In Sichtweite von fürstlichem Schloss und Landestheater liegt jenes Museum, das Kunst, Kultur und Geschichte des einstigen Kleinstaates Lippe-Detmold in einem Ensemble aus Fachwerkbauten, spätestklassizistischer Villa und attraktivem Glaskasten als Empfangsgebäude dokumentiert.

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